Weltreise mit schulpflichtigem Kind – geht das überhaupt?
Wie einige von euch wissen, ist Leviana im Mai 2012 geboren und wird damit im Jahr 2018 schulpflichtig. Der Anfang vom Ende unseres Traums?
Wir haben recherchiert, viele positive sowie negative Erfahrungsberichte gelesen, haben das niedersächsische Landesschulgesetz studiert und Paragraphen auswendig gelernt, bevor wir das persönliche Gespräch mit der Schulleitung gesucht haben. Die Zuständigkeit variiert von Bundesland zu Bundesland. Daher solltet ihr euch in jedem Fall vorher informieren. In der Ergänzung des Niedersächsischen Landesschulgesetzes zu § 63 heißt es: „Über die Befreiung einer Schülerin oder eines Schülers vom Unterricht bis zu drei Monaten und der Befreiung von sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen entscheidet die Schulleitung, für weitergehende Befreiungen ist die Landesschulbehörde zuständig. Eine Befreiung vom Besuch der Schule ist lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen und nur auf rechtzeitigen schriftlichen Antrag möglich.“ Die besonders begründeten Ausnahmefälle sind nicht differenziert genannt und somit eine Auslegungssache, was uns ein klein wenig hoffen lies. Bevor wir die Landesschulbehörde kontaktieren wollten, hofften wir jedoch erst einmal auf die Einwilligung der Schule. In jedem Fall raten wir dazu persönlich vorstellig zu werden. Die Beweggründe und Zusammenhänge lassen sich im Gespräch viel besser erklären als in jeder noch so gut verfassten Email.
Nun aber zu unseren Erfahrungen. Super vorbereitet, inklusive einem schriftlichem Antrag auf ein Jahr Beurlaubung, kamen wir zum Gesprächstermin mit der Schulleitung. Ich war tatsächlich nervöser als geplant, ziemlich abgehetzt und maximal gestresst - natürlich hat Mini ihren Mittagsschlaf sausen lassen und hatte eine Bombenstimmung während die Große direkt beim losgehen noch an ihren Haaren, der Bürste und den Haarspangen verzweifelte - und ich gleich mit. Verheult, verschwitzt und genervt standen wir nun alle vier in der Schule und trugen unser Vorhaben vor.
In erster Linie ist es wichtig die vier W´s zu beantworten: Wann, Wohin, Wie lange und Warum. Wir erklärten unser Vorhaben und welchen Nutzen diese Reise für Leviana haben würde. Tatsächlich gibt es so einiges an Erfahrungen und Lernzuwachs, was sich auf einer solchen Reise positiv auf sie und ihre Persönlichkeitsentwicklung auswirken wird. Nicht zuletzt versicherten wir natürlich, dass wir der Bildungspflicht nachkommen und den Kontakt zu der Schule halten würden, um die Lerninhalte bestmöglich zu vermitteln. Insbesondere sind wir auch (sehr) offen dafür, dass Leviana das Schuljahr wiederholen kann bzw. im Jahr 2019 eine “echte Einschulung“ bekommt.
Und als wir so zitternd vor Nervosität dort saßen, entgegnete die Schulleitung: „Das klingt ja super. Ich kann es absolut befürworten das Kinder einmal über den Tellerrand hinausschauen und andere Orte der Welt kennenlernen.“ Die Schulleitung hatte im Vorfeld schon mit der Landesschulbehörde gesprochen und die gaben die Verantwortung über eine Beurlaubung an die Schule weiter. Die Schule gab ihr okay. So einfach? Ja, tatsächlich war es das in unserem Fall. Wir konnten es gar nicht glauben, traten selbst auch noch mit der Behörde in Kontakt und erfuhren ebenfalls, dass die Schule alleine darüber zu entscheiden hätte.
Wir haben im Vorfeld schon einige Zeit über das Thema nachgedacht und waren auf eine Absage vorbereitet. Wir haben von Leuten gehört und gelesen, die diese Beurlaubung nicht bekommen haben und mussten damit rechnen, dass es auch uns so ergehen könnte. Im Zweifelsfall hätten wir uns aus Deutschland abgemeldet, was einige negative Konsequenzen mit sich gezogen hätte. Wir sind super happy, dass alles so unkompliziert ging und möchten allen, die über eine große Reise nachdenken, Mut machen das Gespräch zu suchen. Hierfür noch ein paar Punkte von uns zur Orientierung.
Habt ihr einen Blog, wollt Video Blogs drehen, ein Buch schreiben oder in irgendeiner Art und Weise über eure Auslandserfahrungen berichten, so dürft ihr euch “freie Reiseerstatter“ nennen, was schon mal als Grund und Absicherung sehr souverän klingt.
Preist das ganze nicht als Abenteuerreise aus einer Laune heraus an, sondern berichtet gut überlegt was ihr auf eurer “Bildungsreise“ plant.
Zieht in keinem Fall über das deutsche Schulsystem her oder maßt euch an zu behaupten, dass das Kind auf einer Reise mehr lernen würde als in der Schule. Vielmehr wird es andere Dinge erfahren: Das Gefühl für andere Sprachen, die Andersartigkeit als solches, Erlebnisse in der Natur, die Entwicklung eines geografischen Verständnis und die Erweiterung körperlicher Fähigkeiten (bspw. klettern, schwimmen) sowie des Selbstvertrauens.
Macht deutlich, dass ihr zu einer Kooperation mit der Schule bereit seid, die Lerninhalte vermitteln möchtet und das Kind ggf. auch die Klasse wiederholen würde.
Benennt das Zeitfenster, auf das sich die Beurlaubung beschränkt, versichert (insofern es die Wahrheit ist), dass es sich um eine begrenzte Zeit handelt und ihr nicht auf unbestimmte Zeit verreist. Manchmal ist die Angst vorhanden, dass das Kind durch das System rutscht und die Schulleitung schlussendlich dafür zur Rechenschaft gezogen wird.