Heute ist mir etwas passiert, ich hätte es vermutlich nicht für möglich gehalten, wenn ich nicht selbst dabei gewesen wäre.
 
Aber von Anfang an: Alles begann damit, dass ich mich an das Gesundheitsamt gewandt habe, um mich über das Thema Reiseimpfungen zu informieren. Die Dame am Telefon wirkte vorerst ganz freundlich, hörte sich unsere Pläne und mein Anliegen an und nahm sich Zeit um auf meine Fragen einzugehen. Im Gesprächsverlauf wurde jedoch deutlich, dass die Dame sich dazu berufen fühlte, mich über die kindliche Psyche aufklären zu müssen. Sie erzählte mir, dass Kinder ein festes zu Hause brauchen und aus einer derartigen Reise keinen nutzen ziehen würden. Herumreisen wäre mit Stress verbunden und deshalb überhaupt nicht geeignet für Kinder. Kurz und knapp erwiderte ich, dass wir sehr flexibel sind und keinesfalls unter Stress weiterreisen werden. Gegebenenfalls würden wir an einzelnen Orten länger verweilen. Wir kamen zurück zum Thema und sie erläuterte mir den Nutzen von den Impfungen gegen Tollwut, Typhus, japanische Enzephalitis und Hepatitis. Immer wieder verwies sie auf verschiedene Gefahren (Durchfallerkrankungen, Lebensmittelvergiftungen, Zirka Virus, Dengue Fieber, Malaria, Mücken und Sonnenschutz). Im Gespräch beschlich mich oft das Gefühl, dass sie mich für etwas dämlich hält und uns als Sorgeberechtigte, was unseren Plan angeht, als unverantwortlich. Immer wieder betonte sie, wie viele Risiken ein derartiges Vorhaben mit sich bringt und ob wir diese Risiken unseren Kindern wirklich zumuten wollen. Sie gab an, dass Kinder schließlich schon zufrieden wären, ihre Eltern um sich zu haben. Sie brauchen kein Flugzeug fliegen, kein schönes Wetter, kein Meer und schon gar keine wechselnden Unterkünfte. Nochmals betonte ich, dass wir unsere Kinder sehr gut einschätzen können und man das Ganze wohl individuell betrachten sollte. Neeeiiin, auch unsere sechsjährige Tochter sei keinesfalls dazu in der Lage, die weitreichende Entscheidung zu treffen, ob sie Lust auf eine derartige Reise hat. Sie war der Meinung, dass Kinder sowieso ihren ganzen Kummer hinunterschlucken und unglaublich viel ertragen, obwohl es ihnen nicht gut tut. Ehrlich gesagt, habe ich spätestens zu diesem Zeitpunkt dicht gemacht. Ich möchte noch einmal betonen, dass es lediglich um eine Impfberatung und nicht um eine Lebensberatung oder um eine psychologische Einschätzung ging. Wenn die besagte Dame meint, sie müsste ihre Meinung äußern, naaa gut. Nach dem zweiten, dritten und vierten Kommentar reichte es dann allerdings. Der Gipfel des Ganzen sollte jedoch noch kommen: Ein gewisser Arzt sagte einmal, dass Fernreisen mit Kindern die neumodische Form der Kindesmisshandlung sei. „Ich denke, ich habe mich etwas netter ausgedrückt“, fügte sie noch hinzu.Vielen Dank für das Gespräch und Tschüss! Tatsächlich ärgere ich mich noch Tage später über diese ungefragten Kommentare. Zudem ärgere ich mich darüber, dass ich das Gefühl bekam, dass wir uns für unsere Pläne rechtfertigen müssten und unsere Kinder leiden lassen und sogar misshandeln würden, obwohl wir ihnen und uns lediglich die Freiheit geben, ein Jahr eine Auszeit vom Stress des Alltags zu bekommen. Unsere Intension ist neben dem Kennenlernen verschiedener Lebensweisen, unser Leben zu entschleunigen und uns selbst und untereinander noch intensiver kennenzulernen. Weiterhin wollen wir abseits alltäglicher Verpflichtungen unser Dasein genießen. Wie gut, dass die besagte Dame davon ausgeht, unsere Absichten besser zu kennen, als wir es selbst tun.
Es ist nicht das erste und vermutlich auch nicht das letzte Mal, dass wir als verrückt und verantwortungslos bezeichnet werden. Was Freunde, nein eher entferntere Bekannte, von unseren Plänen halten und ihre Bedenken in einer nicht immer ganz angemessenen Form kundtun, das ist die eine Sache, aber diese Dame hat die Grenzen ihres Jobs eindeutig weit überschritten. Momentan überlege ich, ob es sinnvoll wäre, ein Schriftstück diesbezüglich aufzusetzen. Andererseits liegen noch so viele wichtige organisatorische Dinge vor uns, da sollte ich meine Energie vielleicht lieber dafür aufwenden, Ärzte mit Erfahrungen zu Reiseimpfungen zu suchen. Was denkt ihr darüber? Musstet ihr euch schon mit ähnlichen Vorwürfen konfrontieren lassen?